Johann Wolfgang von Goethe
Mignon
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
"Was hat man dir, du armes Kind, getan?"
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
in Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg, o Vater, lass uns ziehn!
Johann Wolfgang von Goethe: Mignon (1803)
Mignon [
miɲɔ̃] ist eine Figur aus
Goethes Roman
Wilhelm Meisters Lehrjahre von 1795/1796, sie wurde zum Inbegriff des knabenhaften,
erotisch anziehenden Mädchens. Die Gestalt erscheint bereits in der ersten Version des Romans,
Wilhelm Meisters theatralische Sendung, die Goethe zwischen 1777 und 1785 schrieb und die erstmals 1911 veröffentlicht wurde. Der Name „Mignon“ ist französisch und bedeutet „Herzchen“, „Liebling“.
quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mignon_(Figur)